#gastbeitrag von Marcel Schulz-Uteß

Rituale um den Tod, die eine christliche Basis hatten, gehen verloren, wohl auch aus dem Grund, weil die christliche Basis schwindet. Den Platz dieser Rituale nehmen individuelle Abschiedsfeiern ein, aber häufiger noch Unsicherheit und Verdrängung im Umgang mit dem Tod, mit den Toten und der Trauer. Der Tod ist etwas worüber man nicht gerne spricht, dem Tod soll kein Platz gegeben werden und weil er keinen Platz bekommen soll, wird er heute einfach ausgegrenzt. Sozusagen aus dem eigenen Profil gelöscht. Die Beisetzung am besten am Samstag, damit niemand frei nehmen muss und die Abläufe nicht gestört werden. Schließlich hat man ja seine Verpflichtungen.

Alles um dem Tod ist unverbindlicher geworden,

…vor allem aber ist alles unsicherer geworden. Die alten Regeln der Trauer verbleichen. Die Regeln des Trauerjahrs sind vergessen, soweit verschwunden, dass selbst das Wort Trauerjahr kaum noch bekannt ist. Schwarze Kleidung ist oft nicht gewünscht und doch klingt es wie die Aufforderung: „denken Sie nicht an rosa Elefanten“. Alles ist lockerer geworden, sagen die Bestatter. Lockerer bedeutet vieles, das Ende der alten Rituale, eigene Formen zu finden, der Bevormundung zu entfliehen dem eigenen Schmerz Ausdruck zu geben. Leider aber meint es auch Verlegenheit, es meint krampfhaft nüchternen Pragmatismus und das Vergessen der Rituale.

Dinge, die Sie noch heute in Südeuropa erleben können, sind bei uns selten geworden. Eine laute Piazza mit Cafés und Geschäften. Es ist früher Abend, die komplette Piazza pulsiert. Plötzlich fahren die Besitzer der Geschäfte ihre Rollläden runter, die Cafés werden dunkel. Die Einheimischen stehen vor ihren Geschäften, es wird still, die Menschen senken ihren Kopf und verschränken die Arme. Nur die Glocke der Kirche ist noch zu vernehmen. Ein Leichenzug verlässt die Kirche. Fährt durch die Straßen. Für einen Augenblick bleibt die Zeit und das Leben stehen. Die Menschen schweigen und geben respektvoll dem Toten und seinen Angehörigen den Weg frei. Sobald der Zug durchgerollt ist, gehen die Rollläden hoch, es wird laut und die Piazza fängt wieder an zu pulsieren. Das Leben geht weiter.

Letzte Ehre

Es klingt wie ein Ausflug in die Vergangenheit und natürlich kann man sich so etwas heute, in einer Stadt wie Berlin nicht mehr vorstellen. Im Gesicht der meisten Menschen in unserer Stadt steht heute eher ein „Was jetzt?“ geschrieben, wenn sich Trauernde nähern. Aber manchmal gibt es Menschen die sich noch erinnern, die einfach stehen bleiben, die ihre Tätigkeit unterbrechen, die Mütze abnehmen, sofern sie diese tragen, den Kopf senken, die Hände zusammenlegen und den Hinterbliebenen ihren Respekt und dem Toten die letzte Ehre erweisen.

„Letzte Ehre“ sagt man. Es ist ein gutes Wort. Man teilt den Kummer der Angehörigen nicht aber man ehrt die Toten und deren Angehörige. Vor allem aber kehrt man in sich, ist kurz in den Riten der Vergangenheit, lässt die Zeit stehen – spürt die eigene Seele weil sie in den Sekunden die Endlichkeit des Lebens spürt. Man gibt dem Tod in seinem Leben einen Platz und den nötigen Raum.

Der Tod braucht Raum im Alltag

..auch wenn die alten Strukturen brechen, Menschen als Single leben, in Patchworkfamilien, stetig mobil sind um unstetig zu sein. Der Tod braucht Raum, um auch bei der Suche nach guten neuen Formen für diese Unstetigkeit, nach Lösungen wie Friedwälder, Kristall- und Diamantbestattungen den richtigen Weg zu finden. Dafür ist es gut, wenn man die alten Rituale der Trauer kennt.

Trauertage sind nicht nur traurig. Es sind auch Tage der Erinnerung und eine Art der Auflehnung gegen das Vergessen der lieben Menschen, welche von uns gegangen sind. Es sind die Tage an denen der Tod einen Platz bekommt, mit dem schmerzhaften Wissen, dass er zu unserem Leben dazu gehört. Die Erinnerung an die alten Gebräuche aus vergangen Zeiten und damit die Hilfe für uns, mit dem Tod umgehen zu können. Denn Tage wie Allerheiligen, Totensonntag und dazwischen der Volkstrauertag im November, stehen kalendarisch für eine Kultur der Trauer und die Reminiszenz an einst einvernehmliche Werte.

Autoreninfos

Marcel Schulz-Uteß tätigte seine ersten beruflichen Schritte im Fachhandel für Unterhaltungselektronik . Der Wechsel in ein großes Handelsunternehmen ließ ihn im Laufe der Jahre zum Betriebsleiter aufsteigen und an vielen Orten in Deutschland tätig sein. 2018 erkannte er, dass die Ideale großer Unternehmen nicht mehr seinem Leitbild entsprechen. Er stieg aus, eröffnete mithilfe eines Partners 2020 ein Bestattungsinstitut in Berlin, um zu den Wurzeln seines Handels zurückzukehren und Menschen wieder direkt helfen zu können. Heute erreichen Sie ihn unter 030-74787857 oder marcel.schulz.utess@kellner-bestattungen.de in Berlin Treptow-Köpenick.